Ab und an schminke ich in einer Fotografenschule. Ich sitze dann mit meinem Model bei denen im Schulungsraum, irgendwo in einer Ecke in der ich die Vortragenden nicht störe, und bereite das Model für das anstehende Shooting vor. Ich kann somit eine oder eineinhalb Stunden (je nachdem ob ich ein, zwei oder drei Modelle vorbereite) den Gesprächen der "angehenden" Fotografen mit dem Coach als stilles Mäuschen zuhören, das finde ich ganz spannend :-) Ich werde dabei immer sehr lobend erwähnt und eine Visagistin als unersetzlich beim Shooting mit einem Model angepriesen. Doch einmal gab es eine Situation in der die Frage aufkam "aber bei Buisnessshootings brauche ich doch keine Make up Artist, oder? Wenn ich nur Männer zu fotografieren habe? Da braucht man doch kein Make up ......da nehm ich mir selbst einen Puder mit, das reicht doch!" Hm, da bin ich anderer Meinung..... Auch wenn ein Mann mit schöner Haut ohne Rötungen oder starken Glanzstellen von mir auch kaum mehr als etwas Puder bekommt um ein ebenmässiges Hautbild zu erzeugen geht es doch dabei um viel mehr. Das "Shootingdrumherum" wie ich es nenne. Ich merke immer wieder, dass Menschen, die selten oder noch nie vorher vor der Kamera stehen bzw standen schon unter meinen Pinseln eine gewisse Beziehung zu mir aufbauen. Es ist alles neu...der Fotograf, vielleicht die Location, Fotografiert werden ist generell nicht so seins/ihrs und überall sehen Lampen, Reflektoren und Stative. Da kann man schnell mal nervös werden und die Nerven fangen an zu flattern. Sobald sie auf meinem Stuhl sitzen kann ich sie ablenken, auf sie eingehen, mit ihnen über Gott und die Welt reden, übers Wetter oder wie schön ihr Blazer zu ihren Augen passt. Wir haben uns vorgestellt, ich war ganz nah an ihrem Gesicht, wir sind uns menschlich näher gekommen und sie haben vielleicht ein klein wenig Vertrauen aufgebaut. Und wenn sie jetzt vor die Kamera treten bin ich an ihrer Seite. Ich lächle ihnen zu, ich kümmere mich darum dass die Krawatte richtig sitzt, das Hemd keine Falten wirft, die Haarsträhne hinterm Ohr bleibt, keine Fussel auf dem Sakko sind. Ich denke das gibt etwas Sicherheit, einen zwar gerade kennengelernten aber sich kümmernden Menschen um sich zu haben, der die ganze Zeit darauf achtet, dass alles perfekt sitzt und toll aussieht. Es geht also nicht nur darum, etwas Puder einzustecken und sich so die Visagistin beim Buisnessshooting zu sparen. Sie macht viel mehr :-) Und nicht nur wenns um das Befinden des Models gehts, sondern auch für den Fotografen der sich enorm viel Retuschearbeit ersparen kann wenn ständig an Sakko, Hemd und Frisur gezupft wird um alles optimal erscheinen zu lassen :-) Das angehängte Bild stammt von Michael, danke dafür. Wir hatten unser Buisnesshooting letzten Freitag. Als er mich gebucht hat schrieb er sowas wie "ich freue mich, dass wir zusammen arbeiten und dass Du mich ein bisschen unterstützt" und ich antwortete "sehr gerne, ich bin gut im "Shootingdrumherum"" :-) (c) Michael Strobl http://www.michaelstrobl.net/people/
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